Un minuto a Venezia

Ich liebe Venedig. Doch diese alte und wunderschöne Stadt ist einem dramatischen Wandel unterworfen. Sie versinkt langsam, aber stetig im sandigen Untergrund, auf dem sie einst erbaut wurde, und wird gleichzeitig durch einen stetig ansteigenden Meeresspiegel bedroht. Tiefliegende Stadtteile, wie zum Beispiel die Piazza San Marco, könnten in absehbarer Zeit dauerhaft unter Wasser stehen. Das schon im Mittelalter auftretende „Acqua alta“ sucht die Stadt immer häufiger heim. 

Und auch die sozialen Strukturen Venedigs verändern sich. Wohnraum ist knapp und teuer, sodass viele Venezianer aufs Festland ziehen müssen. Im Gegenzug entstehen lukrative Ferienwohnungen und in den Palazzi Luxushotels. Kleine, inhabergeführte Lädchen, die früher den Stadtteil mit allem Nötigen versorgten, verschwinden und stattdessen entstehen charakterlose Filialen weltweit operierender Handelsketten. Mit den traditionellen Geschäften verlieren Venedigs Stadtteile jedoch zunehmend ihren Charakter. 

Die Stadt verändert sich, und ich höre die Uhren in Venedig schneller und lauter ticken. Die Fotografien in diesem Buch verdichten jeweils genau eine Minute vergehender Zeit in einem einzigen Bild. Statische Elemente, wie Häuser und Brücken, sind deutlich zu erkennen. Langsames Geschehen, etwa flanierende Besucher, erscheinen weniger deutlich. Ganz flüchtige Ereignisse, wie vorbeieilende Passanten, erzeugen nur noch einen Schleier.

Diese Bilder sind Dokumentationen des heutigen Lebens in Venedig. Wohin die Entwicklung führt, weiß ich nicht. Meine Hoffnung ist, dass Venedig sich am Ende nicht zu einer Theaterkulisse aus vergangener Zeit wandelt und schließlich im Tourismus und dem Meer versinkt. 

 

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I love Venice. But this ancient and beautiful city is undergoing dramatic change. It is slowly but steadily sinking into the sandy subsoil on which it was once built, and at the same time is threatened by a constantly rising sea level. Low-lying parts of the city, such as Piazza San Marco, could be permanently submerged in the foreseeable future. The "Acqua alta", which has been affecting the city since the Middle Ages, is becoming increasingly frequent.

Venice's social structures are also changing. Housing is scarce and expensive, forcing many Venetians to move to the mainland. In return, lucrative vacation apartments and luxury hotels are being built in the palazzi. Small, owner-managed shops that used to supply the district with everything it needed are disappearing, replaced by characterless branches of global retail chains. However, Venice's districts are increasingly losing their character along with the traditional stores.

The city is changing and I can hear the clocks ticking faster and louder in Venice. The photographs in this book each condense exactly one minute of passing time into a single image. Static elements, such as houses and bridges, are clearly recognizable. Slow-moving events, such as strolling visitors, appear less clearly. Very fleeting events, such as passers-by, only create a veil.

These pictures are documentations of life in Venice today. I don't know where the development will lead. My hope is that Venice will not ultimately turn into a theatrical backdrop from a bygone era and finally sink into tourism and the sea. 

 

 

Venice, November 2023

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